19. September 2024

Gesang aus dem Kofferraum

Kommentare zum Artikel Gesang aus dem Kofferraum

Es ist schon erstaunlich, wie schnell eine Zeitungsmeldung Halb- und Unwahrheiten verbreiten kann. Ist es Unwissenheit oder Absicht? Journalisten können nicht auf allen Gebieten Fachleute sein. Dann ist es aber deren Pflicht, genau zu recherchieren. Oder man belässt es bei der ursprünglich knappen Polizeimeldung.

Leider ist es Tatsache, dass illegal gehandelte Vögel ihre Abnehmer finden, der Schmuggler also „nur“ einen Bedarf befriedigt. Das kann er jedoch nur dann, wenn der Preis eines illegalen Vogels deutlich günstiger ist als der Preis eines legal gezüchteten Vogels. Für den Schmuggler lohnt es sich nur dann, wenn er viele Vögel auf einmal importiert. Das war hier offensichtlich der Fall. Wie auf dem Bild zu erkennen ist, handelt es sich, soweit erkennbar, ausschließlich um afrikanische Girlitze.

Den daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen der Herren Eric Neuling und Axel Hirschfeld muss jedoch widersprochen werden. Es wird in den Aussagen und/oder im Artikel einiges durcheinandergebracht.

Zur Familie der Finken werden weltweit ca. 200 Arten gerechnet. In den Zuchtanlagen der Liebhaber werden 30 bis 40 Finkenarten regelmäßig in nennenswerter Menge gezüchtet und sind teilweise zu Haustieren geworden. Das nur mal nebenbei, um die Relationen aufzuzeigen.

Nach Eric Neuling als NABU-„Vogelexperte“ werden „Finken“ (alle?) angeblich gezüchtet, „um deren Gesangstalent gegeneinander in Position zu bringen. Also die Finken treten gegeneinander an, und wer am schönsten singt, bekommt einen Preis.“ Unkonkreter geht es nicht, denn Gesangswettbewerbe gibt es ausschließlich mit Kanarienvögeln (auch er ist ein „Fink“) und mit einheimischen Buchfinken! Eric Neuling ist demnach einem weiteren Irrtum erlegen, wenn er unterstellt, dass diese beschlagnahmten „Finken“ – es sind afrikanischen Girlitze – dafür vorgesehen sind, auf einem Gesangswettbewerb aufzutreten.

Weder die Gesangskanarienzuchten noch die Gesangswettbewerbe geschehen „im Verborgenen“. Diese Unterstellung suggeriert illegale Handlungen der Züchter, was nicht der Fall ist! Jährlich werden mehrere öffentliche Wettbewerbe mit Gesangskanarienvögel abgehalten.

Wenn mit einem Gesangswettbewerb das „Finkenmanöver“ mit einheimischen Buchfinken im Harz gemeint ist, ist auch dieses Brauchtum legal. Diese Tradition wurde 2014 von der deutschen UNESCO-Kommission in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Dass der Verein „Komitee gegen Vogelmord“ gegen dieses Brauchtum mit unbewiesenen Behauptungen ankämpft, ist bekannt.

Die Zucht aller europäischen Vögel (also auch Buchfinken) ist richtigerweise mit einer starken Kontrolle der Naturschutzbehörden verbunden. Alle in Menschenobhut geborenen Vögel müssen im Alter von 5 bis 6 Tagen mit einem vorgeschriebenen geschlossenen Fußring versehen und diese Daten an die Naturschutzbehörde gemeldet werden. Auch ein Zukauf oder Abgabe solcher gezüchteter Vögel muss der Behörde mit Angabe der Käufer bzw. Verkäufer gemeldet werden. Es ist also leicht, „schwarze Schafe“ unter den Züchtern ausfindig zu machen. Ein Finkenmanöver mit gefangenen Vögeln ist also nicht möglich.

Anders als darstellt, wird nicht ein einziger Gesangskanarienzüchter andere Vögel in seinem Vogelstamm einkreuzen, denn dann würde der Rollergesang seiner Vögel einen fürchterlichen Schaden nehmen. Das wäre dann alles andere als ein profitables Geschäft. Außerdem sind der Einkreuzung fremder Finken biologische und genetische Grenzen gesetzt, denn die Nachkommen sind fast immer unfruchtbar, eine Zucht demnach unmöglich. Eric Neuling sollte sich mal etwas besser informieren, als mit seinem Halbwissen die traditionsreiche Zucht der domestizierten Kanarienvögel als illegal und profitabel darzustellen. Nichts daran entspricht den Tatsachen!

Eine Vogelzucht, gleichgültig welche Vogelart man betrachtet, ist auf längere Sicht keineswegs profitabel. Der Bau und der Unterhalt tierschutzgerechter Unterkünfte, artgerechte Ernährung, Energie für Heizung und Beleuchtung kosten viel Geld. Dabei ist der für eine erfolgreiche Zucht notwendige Zeitaufwand nicht einkalkuliert. Wenn also Preise für „Finken“ aufgerufen werden, die für Außenstehende hoch erscheinen, ist das ganz normal und hat nichts mit Profitgier zu tun. Auch wenn legal oder illegal importierte Vögel in die Zuchten fremdländischer Finken eingebaut werden sollten,
ändert das nichts an dem geschilderten Aufwand. Nutznießer illegal importierter (geschmuggelter) Vögel ist nur der „Händler“, der ohne großen Aufwand und aufgrund der Masse viel Geld verdienen kann.

Wir hoffen nicht, dass die beschlagnahmten Vögel (afrikanische Girlitze), nach ihrer Unterbringung in einem Vogelpark, „im Wald wieder mit ihrem Gesang für Stimmung sorgen“. Das wäre für diese tropischen Vögel das Todesurteil!

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